24h Nordschleife 2025
P1 für die RL77 in der TCR Klasse
Dieses Mal gibts gleich zwei Rennberichte zum Lesen. Einmal aus der Sicht eines absoluten iRacing Neulings und einmal aus der Sicht unseres TCR Routiniers.
Digitale 24h Achterbahn - Aus der Sicht eines absoluten iRacing Rookies!
Ein großer Klassiker stand vor der Tür. Das 24h Rennen in der "Grünen Hölle". Hier zählt nicht die schnellste Rundenzeit oder der beste Startplatz.
Konstanz und Sicherheit sollten den Weg für das Rennen ebnen. Ganz nach dem Motto "Ankommen ist auch schon gewonnen".
So startete das TCR-Team auf einem Honda Civic Type R TCR mit den Fahrern Marc, Alexander, Hugo und mir, Micha. Der Stint Plan stand und es ging ins Qualifying. Selbstverständlich hatte Marc, unser TCR-Routinier, die Ehre, die Qualifikationsrunde zu setzen. In seiner zweiten gezeiteten Runde holte er mit einer 09:13.690 die viertbeste Zeit. So ging es zum rollenden Start, die Blicke gespannt auf die Klasse der BMW M2, die gern schon mal am Start für Chaos sorgen. (Wir sprechen hier aus Erfahrung) Der Start verlief aber reibungslos ohne Lackaustausch. Nun war Konstanz der Schlüssel für ein gutes Rennen. Dank wenig Verkehr rund um uns herum konnten wir P4 lange halten. Gefahren wurden Doppel-Stints. Zweimal 10 Runden und in der Hälfte einmal frische Pneus für die Vorderachse. Die ersten beiden Stints von Marc liefen sehr gut. Er brachte den Honda auf P4 zum zweiten Boxenstopp inklusive Fahrerwechsel.
Nun war meine Zeit gekommen. Mein erstes Endurance Rennen und dann direkt auf der Nürburgring Nordschleife. Ich übernahm das Auto mit vollem Tank und vier frischen Reifen und tastete mich langsam ans Limit. Ich wollte den Karren ja schließlich nicht direkt in der Leitplanke versenken. Ab Runde drei fühlte ich mich wohl und schaffte konstante Zeiten. Ich bin zwar (noch) nicht der schnellste, versuchte aber sicher zu fahren, denn wie gesagt: „Ankommen ist auch schon gewonnen“.
Die erste brenzlige Aktion folgte in Runde 30. Vor mir die Mutkurve, im Rückspiegel vier BMW M4 GT3 aus dem Führungsfeld. Wer die Mutkurve kennt, der weiß, wie brisant diese Konstellation werden kann. Das GT3 Feld bremst nur im Notfall, also hieß es innen bleiben, rollen lassen und Spiegel einklappen. Und wie durch ein Wunder schafften wir es zu fünft durch die Mutkurve ohne Kontakt. Die nächsten 10 Runden verliefen wieder ruhiger. Nur ein kleiner Ausritt ins Grüne und ich konnte den Honda auf Platz 3 liegend an Alex übergeben, denn einer unserer Konkurrenten war wohl eingeplankt.
Der Sonnenuntergang war bereits passé und Alex startete in die Nacht. Für mich hieß es derweil: „Ab auf die Couch, etwas ausruhen.“ Alex fuhr ab dem Zeitpunkt ohne Spotter. Dank seiner Erfahrung konnten sich die anderen Fahrer in Ruhe auf ihren nächsten Stint vorbereiten. Dann erblickte ich von der Couch aus auf meinem Monitor eine seltsame Flagge. Wir nennen sie liebevoll Spiegelei-Flagge, auch wenn sie schwarz mit einem orangenen Kreis ist. Ich wollte eigentlich ruhen, aber hatte den Drang zu erfahren, was passiert sei. Alex meinte nur, dass der Reifenstapel im Yokohama-S wohl etwas ungünstig abgestellt wurden ist. Nach einem unfreiwilligen Reparatur Boxenstopp übergab er das Fahrzeug nach zweieinhalb Stints wieder an Marc.
Die restliche Nacht sollte ihm gehören. Mit Alex als Spotter im Ohr, fuhr er sicher seine Runden. Leider führte eine kleine Unaufmerksamkeit zu einem Besuch im Kiesbett am Schwalbenschwanz. Marc pilotierte den Honda zu dem Zeitpunkt auf Platz 2 liegend Richtung Box. Unwissend von diesen Vorfällen beendete ich gegen 3 Uhr meine Ruhepause um gegen 4 Uhr wieder ins Cockpit zu steigen. Dank diversen Tools und Apps konnte ich eine längere Standzeit an der Box erkennen und fragte schelmisch, ob was passiert sei. Alex und Marc beteuerten leicht grinsend ihre Unschuld: „Nein nein, alles gut… nichts passiert“. „Fehler passieren“, dachte ich mir und sprang hinters Lenkrad.
Der morgen brach an und es wurde heller. Das Fahrerfeld war schon etwas ausgedünnt und so wurde das Rennen auch ruhiger, weniger Überrundungen und größere Abstände zwischen den Fahrzeugen. Dafür meldete sich der Renningenieur mit einer Regenwarnung. Wir schauten aufs Radar und verglichen mit unserer Stint Planung. Es drohte ein zusätzlicher Boxenstopp.
Unser Youngster Hugo, 16 Jahre alt, war der vierte im Bunde der nun das Steuer übernehmen sollte. Während Marc und ich noch über die Reifenwahl sprachen, mit Blick auf den Regenradar, bereitete Hugo sich auf seinen ersten Stint vor. Kurz vorm Fahrerwechsel kamen die ersten Tropfen, die Strecke war aber noch trocken. Aber der Wetterbericht war eindeutig. Auf den Honda müssen jetzt Regenreifen. Diese Entscheidung erwies sich bereits zur Boxenausfahrt als goldrichtig. Die Strecke wurde immer nasser und die ersten Pfützen blieben stehen. Das störte Hugo jedoch nicht im Geringsten, er grinste dem Wetter frech ins Gesicht und ließ uns sprachlos zurück. Fehlerfreie 10 Runden im Regen bis zum nächsten Fahrerwechsel, der für Alex etwas spontan ausgerufen wurde. Denn er musste ja noch den Weg zwischen Zuhause und der RacingLounge77 bewältigen. Eine halbe Runde vorm Fahrerwechsel, saß er dann bereit im Rennsitz.
Ein weiterer Regen Stint stand an. Auch Alex schafft es im Regen beinahe mühelos den Honda auf der Strecke zu halten. Auch als ein Cup-Porsche in der Kurvenvariante „Miss-Hit-Miss“ meinte, er müsse innen vorbeistechen. Aus Miss-Hit-Miss wurde Miss-Miss-Miss. Dank eines guten Setups war der Bolide aber im Nassen wie im Trockenen sehr gut händelbar.
Plötzlich Aufregung in Runde 117. Der führende TCR wurde leider Opfer von Aquaplaning. Er schlug kurz vor Schwalbenschwanz in die Bande ein. Jetzt galt es die Runden Rückstand aufzuholen. Die Regenwolken verzogen sich, die Strecke wurde immer trockener. Der Rückstand zum führenden, der immer noch an der Box stand, schrumpfte. Wenige Runden bevor Hugo zu seinem Doppel Stint wieder ins Steuer greifen sollte, pilotierte Alex unseren Honda auf Platz 1 der TCR-Klasse.
Zeit für den Fahrerwechsel. Erneut standen wir vor der Frage: „Welche Reifen für den nächsten Stint?“. Die Rundenzeiten purzelten rasant und Alex war sich sicher, dass es die Slicks sein müssen. Auch wenn die Strecke noch nass erscheint. Gesagt, getan und erneut saß Hugo hinterm Steuer. Die ersten Meter noch vorsichtig herangetastet, bis die Reifen wieder gute Bodenhaftung an den Fahrer vermittelten. Ab Hier war Hugo nicht zu bremsen und er fuhr wieder schnelle, konstante Rundenzeiten. Auch in diesen gut drei Stunden Rennzeit leistete er sich nur drei Offtracks. Wir konnten somit den Rundenvorsprung gut verteidigen.
Den letzten Stint durfte Alex übernehmen. Ihm blieben weitere fünf Runden bis zum ersehnten Ziel. Also nur noch einmal an die Box, den letzten Satz Reifen gewechselt und nur das nötigste an Benzin in den Tank. Gut ausgeschlafen nach seinem Nachtstint waren es fünf angenehme Runden, in denen wir als Team gemeinsam bei jeder Überrundung wachsam waren, um jeglichen Kontakt zu vermeiden. Scheinbar schien die Platzierungsnummer 1 wunder zu wirken und man bekam deutlich mehr Platz von schnelleren Fahrzeugen. Die letzte Runde brach an, glücklicherweise hatten wir das Führungsfahrzeug der GT3-Klasse bereits vor uns. Das bedeutete keine extra Runde. Hörbar erleichtert seufzten alle, als die karierte Flagge geschwenkt wurde. Jetzt stand fest, wir haben ein 24h Rennen in der Grünen Hölle gewonnen. So richtig begreifen, werden wir es wohl erst in ein paar Tagen, wenn wir gemeinsam mit unseren Vereinskameraden feiern werden.
Aus der Sicht von Marc mit "c":
Der 7.6.2025, ein Samstag. Ein Tag an dem liebe Leute Geburtstag haben und feiern, an dem tausende Leute zum WGT nach Leipzig pilgern und 4 Mann die 24h auf der Nürburgring Nordschleife im Honda Civic TCR unter die Räder nehmen.
Wochen der Vorbereitung, der Abstimmung und der Verfeinerung der Rundenzeiten sollten nun auf den Punkt gebracht werden.
Es sollte der Split 3 werden, der weltweiten iracing-Piloten, zusammen mit carlaresports im Porsche Cup, prosportsimracing im AMG GT4 und der iracing Legende aus Übersee, Matt Malone, ebenfalls im GT4.
Marc stellte das Auto im Qualifying auf P4 mit 3s auf P1, aber das Rennen geht ja 24h.
15:50 Uhr war es dann soweit, der Start rollte los und dann kam das "green green green" für die 24h. Bis Adenauer Forst lief es gut, dann verhakten sich 2 TCRs ineinander und Marc musste über die Wiese ausweichen, 3 Plätze verloren, naja, der Kampfeswille war nun geweckt. So lief es Stint für Stint weiter, Micha übernahm nach Marc und drehte souverän seine Runden. Ab und an gab es mal eine heikle Überrundung, ja es passen 5 GT3s in der Mutkurve aussen an einem TCR vorbei OHNE Kontakt, aber alles in allem lief es doch recht rund.
Als Micha seinen Doppelstint durch hatte übernahm Alex, der ja der bewandertste im Team ist, was iracing angeht, und drehte Runde um Runde, bis es dann doch zum ersten "größeren" Zwischenfall kam, als die Kurve, der Reifenstapel und der TCR nicht harmonierten. Alex schleppte sich in die Box, ließ das Auto reparieren und weiter ging der Ritt durch die grüne Hölle.
So arbeitet sich das Team Stunde um Stunde, Platz für Platz nach vorne und Marc übernahm dann die Nacht auf P3. Nach einem ewig langem überrundungsversuch, der dann kurz vor Schwalbenschwanz geglückt ist, machten bei Marc die Synapsen nicht das, was sie sollten und er knallte im Schwalbenschwanz in die Leitplanke. Da schon auf Platz 2.
Also ging es wieder in die Box zum reparieren und weg war der Vorsprung und der Rückstand wurde größer. Da kann man noch so viele Runden Nordschleife gefahren sein, wenn man am wenigsten damit rechnet, schlägt sie eiskalt zurück.
So ging es weiter durch die Nacht, Micha übernahm dann wieder und spulte seine Runden, bis dann so langsam auf dem Wetterradar etwas Feuchtigkeit von oben, in Form von Regen, auftauchte. Nun hieß es eine Strategie zurechtlegen, welche bis zur Inlap für Michas Stintende noch so halb vage war. Aber als dann ab Ex-Mühle die Tropfen fielen stand es fest, es wird auf Regenreifen gewechselt. Hugo war bereit das Auto durch den Regen zu manövrieren und das sowas von souverän, da kann man nur applaudieren und den Hut davor ziehen. Marc ging ins Bett und die Jungs drehten ihre Runden und als Marc gegen Mittag wieder da war, lag das Team auf Platz 1 in der TCR Klasse mit einem komfortablen Vorsprung von 2 Runden auf Platz 2 in der TCR-Klasse. An diesem Ergebnis gab es auch nichts mehr zu rütteln.
Am 8.6.2025 um 15:55 Uhr fuhr der Honda Civic TCR der Racinglounge77 als führender TCR über Start-Ziel, und das ist ein Ergebnis, mit dem beim Start keiner der 4 Fahrer gerechnet hat. Möglich durch ganz viel Leidenschaft, Herzblut und Engagement, Sponsoren und den vielen kleinen Helferlein im Hintergrund, die man niemals vergessen darf.
Nächstes Jahr geht es dann ans Titel verteidigen, vielleicht ja ein oder zwei Splits weiter oben... Wir werden sehen...
#racinglounge77 #rl77 #simracerz #simracingisssächsy